Vorwort 1

Es ist eine lange Reise durch die Filmgeschichte. Sie ist noch nicht zu Ende und wird, so hoffe ich, noch ein wenig dauern. Dieser Reisebericht markiert einen Zwischenstopp. Die Filmgeschichte ihrerseits reist durch die Menschheitsgeschichte. So lernt der Reisende doppelt.

Warum diese Reise? Jede Generation hat ihre Filme; es gibt ein Alter, in dem Filme besonders intensiv angenommen werden. Einige Filme scheinen zeitlos zu sein, andere, heute hochaktuell, altern schnell. Die kritische Aufmerksamkeit des Publikums hat gegenüber der rein betrachtenden abgenommen. Vieles an Kritik, die wir noch lesen, wurde ewig und ewig übernommen und stammt noch aus der Premierenzeit.

Die Texte dieser Arbeit versuchen, ältere Filme aus der Distanz neuer Betrachtung zu kommentieren und neue Filme aus der Kenntnis eines weitgespannten zeitlichen Bogens. Besonderes Augenmerk wurde darauf gelegt, literarische Vorlagen korrekt zu ermitteln, anzugeben und vielfach den Bezug zu ihnen deutlich zu machen, auch zu historischen Geschehnissen, um die sich Filme ranken.

Wenn man das 18. und auch das 19. Jahrhundert als tintenklecksendes Säkulum bezeichnen kann, so war das 20. Jahrhundert das Jahrhundert des Films und der Bilder. Vieles davon ist wert, bewahrt zu werden.

Man mag an dieser Arbeit einiges kritisieren: hauptsächlich das Fehlen von Filmen. Die sind sogar die Mehrheit. Auch die Meinungen zu den Filmen – andere Meinungen sind erlaubt, und wäre es nicht zu aufwendig gewesen, hätte ich zu jedem Film Zitate anderer Rezensenten mit anderen Meinungen hinzugefügt. Und es wird, unvermeidlich, auch sachliche Fehler geben. Zu all diesem höre ich gerne Ihre Meinung.

Zur Einschätzung von Filmen sei Ernst Lubitsch zitiert: „Any good movie is filled with secrets. If a director doesn’t leave anything unsaid, its a lousy movie.” Gordon Gow schrieb 1971 zu Alfred Hitchcocks Film “Vertigo”: “Even Hitchcock … had his occasional stumbles… the uneasy alignment of serious psychology with a very tall tale in ‘Vertigo’ “ – die einzige Erwähnung des Films in seinem Buch “Hollywood in the Fifties”. Im Jahre 2012 löste “Vertigo” in der Liste der besten 50 Filme aller Zeiten der Zeitschrift „Sight and Sound“ des britischen Filminstitutes den langjährigen Spitzenreiter „Citizen Kane“ ab. So ändern sich Dinge.