Zeit der Unschuld

Originaltitel:
The Age of Innocence
Regie:
Martin Scorsese
Autor:
Jay Cocks
Martin Scorses
Vorlage:
"The Age of Innocence", 1920, R
Autor Vorlage:
Edith Wharton
Land: USA
Jahr: 1993
Länge: 133 min.
Format: 2,35 : 1
in Farbe

New York, in den 1870er Jahren. Der junge Rechtsanwalt Daniel Day-Lewis (Newland Archer) ist mit Winona Ryder (May Welland) verlobt. Die Verlobung wird auf dem Opernball der Familie (Beauford) bekanntgegeben und lenkt ab vom Klatsch über Michelle Pfeiffer (Gräfin Olenska), einer Cousine von Ryder, die sich von ihrem Mann getrennt hat und aus Europa zurückgekehrt ist. Pfeiffer wird von der Gesellschaft geschnitten. Eine Intervention von Day-Lewis bei Michael Gough (Henry van der Luyden) und Alexis Smith (Louise van der Luyden), der einflussreichsten New Yorker Familie, führt zu einer Einladung an Pfeiffer. Die vertieft ihre Bekanntschaft mit Day-Lewis. Wünsche der Familie, Pfeiffer möge den Skandal einer Scheidung vermeiden, münden in entsprechende Beratung durch Day-Lewis. Der bemüht sich, seine Heirat mit Ryder zu beschleunigen. Pfeiffer zieht sich von ihm zurück. 18 Monate nach seiner Heirat trifft Day-Lewis Pfeiffer in Boston wieder. Er hört, dass ihr Ehemann ihre Rückkehr wünsche und hält sie davon ab. Ein verabredetes Rendezvous, das die Liebe nun endlich vollziehen soll, wird von Pfeiffer abgesagt; Ryder, die ebenfalls mit Pfeiffer gesprochen hat, offenbart Day-Lewis ihre Schwangerschaft. Pfeiffer geht nach Europa zurück. Viele Jahre später, Ryder ist bereits verstorben, begleitet Day.Lewis seinen erwachsenen Sohn Robert Sean Leonard (Ted Archer) nach Paris. Leonard sucht seine Cousine Pfeiffer auf. Day-Lewis wartet auf der Strasse und schlendert davon.

Die dritte und vermutlich der Vorlage am nächsten kommende Adaption von Whartons Roman (davor: Wesley Ruggles, 1924 und Philip Möller, 1934) rahmt das Geschehen mit Szenen aus „Faust“, der Oper von Gounod. Das ist stimmig, liegt der Akzent von Scorsese doch auf dem Blickwinkel des Liebhabers in spe und Ehemanns, während die Geschichte der Gräfin fragmentarisch durchschimmert. Optisch und darstellerisch fulminant – aber eine filmische Transformation der zugegeben unfilmischen Geschichte gelingt Scorsese nicht – die Erzählerstimme aus dem Off muss insbesondere in der ersten halben Stunde in ungewöhnlich starkem Masse beansprucht werden, und auch später muss sie Schlüsselszenen erklären. Optisch opulent und ausschliesslich auf das Innenleben fokussiert. Ein Dokument einer in Europa kaum mehr bekannten Seite der amerikanischen Kultur. Wharton, so wird berichtet, hat in ihrem Leben nie ein Kino betreten.

Mit Richard E. Grant (Larry Lefferts), Alec McCowen (Sillerton Jackson), Geraldine Chaplin (Mrs. Welland), Mary Beth Hurt (Regina Beaufort), Stuart Wilson (Julius Beaufort), Miriam Margolyes (Mrs. Mingott), Jonathan Pryce (Rivi?re), Sian Phillips (Mrs. Archer), Carolyn Farina (Janey Archer).

„Aber es ist aussichtslos, von Menschen, die an den europäischen Höfen verkehren, zu erwarten, daß sie unsere feinen republikanischen Unterscheidungen begreifen und beherzigen“ (Aus dem Roman von Edith Wharton)