Tagebuch einer Verlorenen

Regie:
Georg Wilhelm Pabst
Autor:
Rudolf Leonhard
Vorlage:
"Tagebuch einer Verlorenen", 1905, R
Autor Vorlage:
Margarethe Böhme
Land: D
Jahr: 1929
Länge: 119 min.
Format: 1,33 : 1
schwarz-weiß

Naburg, 1926. Am Tag der Konfirmation von Louise Brooks (Thymian Henning) entlässt deren verwitweter Vater, der Apotheker Josef Rovensky (Robert Henning) Knall auf Fall die Haushälterin Sybille Schmitz (Elisabeth). Die bringt sich um. Fritz Rasp (Meinert), der Provisor der Apotheke, verführt Brooks kurz danach. Eine Tante hat Brooks ein Tagebuch geschenkt, aus dem die Familie in Meinert den Vater ermittelt, als Brooks schwanger wird. Als Rasp sich weigert, sie zu heiraten, drängt Schmitzens Nachfolgerin Franziska Kinz (Meta) darauf, Brooks in das ‚Heim zur Rettung gefährdeter Mädchen‘ zu bringen. Das Kind wird ihr weggenommen: Es stirbt später bei der Hebamme (Bolkle), die es aufnimmt. Im Heim herrscht strenger Drill. Mit Hilfe eines Verehrers, André Roanne (Nicholas Graf Osdorff), kann Brooks mit ihrer Freundin Edith Meinhard (Erika) entweichen. Meinhard geht mit Roanne; Brooks, die vom Tode ihres Kindes erfährt, trifft beide in der Pension ‚Bei Erika‘ wieder – einem Bordell. Dort fühlt sich Brooks zuhause. Auf einem Ball eines Nachtclubs ist Brooks bei der Verlosung der Preis. Auf diesem Ball sieht sie ihren Vater Rovensky, Rasp und Kinz wieder, die Rovensky inzwischen geheiratet hat. Es kommt zu einer Szene. 1929. Brooks wird benachrichtigt, ihr Vater sei gestorben. Der geldknappe Roanne will Brooks heiraten, die Hoffnung auf eine Erbschaft hat. Doch noch beim Notar schenkt sie das Geld Kinz, die mit ihrem kleinen Kind sonst nichts hätte, und Roanne springt verzweifelt aus dem Fenster. Brooks lernt dessen reichen Onkel Arnold Korff (Graf Osdorff) kennen, der sich um sie kümmert und sie heiratet. Mit ihm wird sie Vorstand des Heims, in dem sie war, trifft Meinhard wieder und stellt sich demonstrativ an ihre Seite…. Stummfilm.

Der Bestseller-Roman, den Autorin Böhme zeitlebens lieber als authentisches Tagebuch einer anderen ausgabt, das sie redigiert habe, war direkt und ein bisschen realistisch. Pabst, in zweiter Verfilmung des Buchs (die erste von Richard Oswald, 1918), enthält sich weitgehend melodramatischer Effekte, kontrastiert stattdessen die Familienatmosphäre, die Atmosphäre des Heims mit der Behaglichkeit des Bordells, ein eher sozialpolitischer statt realistischer Standpunkt, um zum Schluss noch eine Anklage gegen die ‚Zucht‘ zu platzieren. Die Zensur griff an vielen Stellen ein. Ohne Brooks wäre dieser Film nur halb so gut – und seine Qualität liegt auch in seiner teilweise unorthodoxen Art.

Mit Vera Pawlowa (Tante Frieda), Andrews Engelmann (Vorsteher des Heims), Valeska Gert (seine Frau), Siegfried Arno (ein Gast), Kurt Gerron (Dr. Vitalis), Jaro Fürth (Notar Schütz).