Cardillac
Jahr: 1969
Länge: 94 min.
Format: 1,37 : 1
teilweise in Farbe
Berlin 1969. Der Goldschmied Hans Christian Blech (René Cardillac) hat sich inmitten seiner Schöpfungen umgebracht – er hatte sie teilweise gewaltsam von Kunden zurückgeholt und diese getötet. Rolf Becker (Olivier), sein Sekretär, und Catana Cayetano (Madelon), seine Tochter, reflektieren über ihre Rollen im folgenden Film. Blech, Cayetano und Becker werden in ihren Funktionen gezeigt: Sonntag früh muss Cayetano regelmässig den Schmuck ihres Vaters auf nackter Haut tragen. Becker versucht, Blech in einem Wettbewerb populär zu machen und verkauft dessen privaten Schmuck, den Blech prompt zurückfordert. Blech hat in der Schönberg-Interpretin Liane Hielscher (Liane S) eine Freundin, erwürgt sie aber, um Schmuck zurückzuholen. Sein Freund, der Polizeiobere (Walter Gross), fragt Blech um Rat, weil soviele Morde sich um Blechs Schmuck ranken. Becker hat inzwischen einen Auftrag des Mineralogen Werner Leschhorn (Albert von Boysen) geholt, dessen Steine zu fassen. Blech erledigt das, begibt sich aber später zu Leschhorn und erschlägt ihn. Er fällt in eine Schaffenskrise. Ein Auftrag des Kunstsammlers Gunter Sachs (er selbst) kann helfen. Doch Blechs Selbstmord nach 11 Raubmorden und 50 Einbrüchen kommt dazwischen. Becker und Cayetano versuchen, sich in der Welt zurechtzufinden.
Ein interessantes Beispiel der von Alexander Kluge geprägten Ulmer Schule, die Handlung von Filmen zu erzählen, statt sie wirklich zu zeigen. Reitz lässt seinen Film im zeitgenössischen Deutschland spielen – die Personen gewinnen bestenfalls verbal Konturen, mit Ausnahme von Blech, dessen Cardillac die Aussenwelt verachtet und der mit wenig Dialog stark beeindruckt. Obwohl anscheinend von Versuchen des Filmteams beeinflußt, Basisdemokratie zu üben, doch stilistisch eindeutig – auch in bizarren Seitensträngen, dem Exkurs über Brauereipferde und der Schmuckaufbringung durch Schaumsprühdosen…
Mit Urs Jenny (Verleiher des Schmuck-„Oscars“).